Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie Rheinland-Pfalz e.V.
GNOR e.V.

INTERREG-Projekt „Gefährdete Tierarten“

Interreg-Projekt „Vom Aussterben bedrohte Tierarten im Grenzüberschreitenden Biosphärenreservat (GBR) Pfälzerwald-Vosges du Nord“

 

 

Am 1. Juli 2020 startete ein von der EU als Hauptfinanziererin gefördertes Projekt, in dem französische und deutsche ExpertInnen mit Beteiligung der GNOR gemeinsam gegen den weiteren Rückgang ausgewählter, das Biosphärenreservat Pfälzerwald-Nordvogesen kennzeichnender Tierarten vorgehen:

Steinkrebse (Austropotamobius torrentium) gelten in Rheinland-Pfalz und in Frankreich (IUCN France) als vom Aussterben bedroht. Sie besiedeln/besiedelten insbesondere Bachoberläufe in den Mittelgebirgen. Bei den seit 2014 zur Verbreitung der Steinkrebse und der Edelkrebse (Astacus astacus) erfolgten Kartierungen im Pfälzerwald und seinen Randgebieten ließ sich nur noch ein Steinkrebsvorkommen nachweisen. Auch für die Nordvogesen geht man von nur noch einer einzigen Kolonie aus, nachdem eine andere in den vergangenen zehn Jahren erloschen ist. Während die Suche nach noch existierenden Restpopulationen auf beiden Seiten fortgesetzt wird, konzentrieren sich die Bemühungen innerhalb des Projekts auf eine Zucht von A. torrentium in Vermehrungsstationen mit autochthonen Tieren und darauf, im Biosphärenreservat geeignete Lebensräume zu finden, zu entwickeln und zu sichern, in denen sich die Krebsart aktiv wieder ansiedeln lässt.

Das Große Mausohr (Myotis myotis) gehört zu den Fledermausarten, die für die Entwicklung ihrer Jungtiere auf Gebäude unterschiedlicher Art angewiesen sind, vor allem darauf, dass insbesondere Dachstühle für sie zugänglich sind und die EigentümerInnen ihre Anwesenheit dulden. Es gibt noch wenige große Wochenstuben im GBR Pfälzerwald-Vosges du Nord, aber viele Kolonien sind voneinander abgeschnitten. Hier setzen die Projektmaßnahmen mit dem Ziel an, Interesse und Akzeptanz für diese und andere gebäudebewohnende Fledermausarten in den Gemeinden des Biosphärenreservats zu fördern und ihr Überleben durch verbindlichen Schutz der bestehenden Kolonien und die Gewährleistung von deutlich mehr geeigneten Fortpflanzungsstätten zu sichern.

 

Das Teilprojekt für die Wiesenknopf-Ameisenbläulinge

Die GNOR verfolgt als Projektpartnerin über ihren Arbeitskreis Schmetterlinge gemeinsam mit SYCOPARC, der französischen Biosphärenreservats-Verwaltung, verschiedene Wege der Bewahrung und Neuschaffung ausreichend vieler, gut miteinander vernetzter Fortpflanzungslebensräume für den Dunklen und den Hellen Wiesenknopf-Ameisenbläuling (Phengaris nausithous, Phengaris teleius), Schmetterlingen frischer bis feuchter, extensiv bewirtschafteter Wiesen und Weiden. Die Projektmaßnahmen für die Bläulinge werden durch die Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz kofinanziert.

Dass den beiden FFH-Arten wegen ungünstiger Bewirtschaftungstermine alljährlich in der Mehrzahl der Fälle die Möglichkeit zur Eiablage oder zur Entwicklung der Raupen genommen wird – blühender Großer Wiesenknopf (Sanguisorba officinalis) muss zur Flugzeit im Juli und August in den Lebensräumen stehen und die schlüpfenden Raupen müssen sich in den Blüten einen Monat lang unbehelligt entwickeln können, bevor sie die Wirtspflanze verlassen –, macht ihnen schon seit Jahrzehnten zu schaffen. Vor allem in der Oberrheinebene ist ihr stetiger Rückgang seit den 1980er Jahren eindrücklich dokumentiert worden (J. Settele, UFZ Leipzig). Jetzt verstärken die zunehmend niederschlagsarmen Sommerhalbjahre mit der Verknappung der Futtermittelerträge den Nutzungsdruck noch weiter. Gleichzeitig wachsen die Wiesenknöpfe bei zu wenig Wasserversorgung nur kümmerlich bzw. verschwinden allmählich aus dem Grünland, und werden die Wirtsameisen von anderen Ameisenarten verdrängt, die hitze- und trockenheitstoleranter sind. Im Pfälzerwald macht sich das mit einigen Jahren Verzögerung bemerkbar: Hier fällt in den letzten Jahren ein Schrumpfen der Populationsgrößen der Dunklen Wiesenknopf-Ameisenbläulinge auf, aus dem sich kurzfristig ein entsprechender Verlust an Teilpopulationen entwickeln kann, wie er in der Ebene schon weit fortgeschritten ist. Wir versuchen im Biosphärenreservat einer weiteren Verinselung und dem Aussterben von Teilpopulationen durch die Entwicklung zusätzlicher Lebensräume vernetzend gegenzusteuern.

Der Helle Wiesenknopf-Ameisenbläuling (P. teleius) gilt im Pfälzerwald und in den Nordvogesen seit 2011 als ausgestorben bzw. verschollen: Im Rahmen des INTERREG-Artenschutzprojekts sollen bis 2023 erste Vorbereitungen für eine aktive Wiederbesiedlung im deutschen Teil des Biosphärenreservats – Entwicklung ausgewählter Biotope, faunistische Erhebung der Ameisenarten – getroffen werden.

Die Stiftung Natur und Umwelt hat fast gleichzeitig und ebenfalls für den Zeitraum 2020-2023 als Trägerin ein Schutzprojekt für die Wiesenknopf-Ameisenbläulinge im nördlichen Rheinland-Pfalz gestartet. Informationen dazu unter https://snu.rlp.de/de/projekte/wiesenknopf-ameisenblaeulinge/

Das Projekt wird gefördert von:

 

 

 

und der Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz aus Mitteln der Glücksspirale

 

 

 

 

 

Von kleinen blauen Flattertieren und roten Knöpfen auf der Wiese

Projektübersicht bis Juli 2022:

 

Im Rahmen des Projekts konnten bereits einige Maßnahmen zur Erhalt des Dunklen Wiesenknopfameisenbläulings umgesetzt werden. Die Bestände des Großen Wiesenknopfs und die Populationen des Dunklen Wiesenkopfameisenbläulings wurden erfasst. Dadurch konnten die Landwirte:Innen in der Region ermittelt werden. Diese wurden über die Besonderheiten und das Vorkommen des Großen Wiesenknopfs, seine Bedeutung für die Ameisenbläulinge und auch mögliche Schutzmaßnahmen informiert. So können Mahd- und Beweidungszeitpunkt angepasst werden. Kompensationszahlungen entschädigen für Bereiche mit dem Wiesenknopf, die bei der Mahd ausgespart werden. Einzelne Flächen wurden angekauft oder langfristig gepachtet. Korridore mit dem Wiesenknopf wurden eingesät, Pflanzen angepflanzt oder Mahdgut übertragen. Dazu wurden Samen im Herbst aus bestehenden Beständen gesammelt und im darauffolgenden Winter in Fenster mit offenen Bodenstellen eingesät bzw. Pflanzen aus der Nachzucht im Frühjahr ausgepflanzt. So konnte sich bereits ein kleiner Erfolg in der Ausbreitung des Großen Wiesenknopfs einstellen. Ein Beispiel für ein gutes Miteinader von Naturschutz und Landwirtschaft ist eine Fläche bei Busenberg. Durch das Engagement der Familie Keller, die die Beweidung ihrer Fläche an den Großen Wiesenknopf angepasst hat, konnte dort eine Verdopplung der Population des Dunklen Wiesenknopfameisenbläulings festegestellt werden.

Ein wichtiger Beitrag ist auch die Sensibilisierung der Bevölkerung. Im Rahmen des Projekts wurden Schulkinder über den kleinen blauen Spezialisten aufgeklärt. Dabei standen neben den Merkmalen auch die besondere Lebensweise und die Gefährdung der Arten im Mittelpunkt. Die Kinder können auf der Wiese den Großen Wiesenknopf und mit etwas Glück auch den seltenen Schmetterling beobachten und verstehen, was es bedeutet, ein Spezialist zu sein und wie schwierig das Leben eines solchen ist. Die besondere Lebensweise dieser Schmetterlingsart wird durch viele Aktivitäten verdeutlicht. So sollen die Kinder, z.B. sich anhand eines Dufts ihren Partner herausfinden, so wie es in der Natur auch bei der Adaption der Raupe und der Knotenameise funktioniert. Sowohl die Lehrer:Innen als auch die Kinder verbrachten einen schönen Tag auf der Wiese und haben diese aus einer neuen Perspektive kennen gelernt.