Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie Rheinland-Pfalz e.V.
Biotoppflegearbeiten in der Halboffenen Weidelandschaft Bischofshub bei Oberdiebach

Biotoppflegearbeiten in der Halboffenen Weidelandschaft Bischofshub bei Oberdiebach

Gute Erfolge zur Förderung der Artenvielfalt

Im vergangenen Winter ist es der GNOR gelungen in dem 30 Hektar großen Areal am Bischofshub, mit finanzieller Unterstützung der Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd, knapp acht Hektar der ehemaligen Weinbergsterrassen von dichten Brombeergebüschen freizustellen.

Solche Eingriffe werden natürlich zu Recht kritisch beäugt, und so werden wir oft gefragt: Warum werden die Brombeergebüsche entfernt und warum wird zugelassen, dass Bäume absterben, statt die Flächen aufzuforsten? Dafür möchten wir an dieser Stelle etwas ausholen und auch Euch ein paar Argumentationshilfen an die Hand geben, die den Sinn und die Erfolge dieser Maßnahmen aus unseren langjährigen Erfahrungen beschreiben.

Bereits seit 2010 beweidet die GNOR mit ihren Exmoorponys und mittlerweile auch mit Ziegen eines befreundeten Ziegenhalters die ehemaligen Weinbergsflächen am Bischofshub bei Oberdiebach. In kleineren und größeren Aktionen hat die GNOR immer wieder Flächen am Bischofshub freigestellt und undurchdringlich dichte und artenarme Brombeergebüsche, die von den Pferden und Ziegen gemieden wurden, beseitigt. Bei solchen Aktionen kommen auch immer wieder alte Drahtanlagen der ehemaligen Weinberge zum Vorschein, die eine Gefahr für Wildtiere und unsere Weidetiere darstellen, die wir mit der Maßnahme an vielen Stellen beseitigen konnten.

Die entbuschten Flächen (Abb. 1 u. Abb. 2) werden schnell von den Pferden und Ziegen als Nahrungsflächen angenommen. An den freistehenden Bäumen, die von uns bewusst stehen gelassen werden, fressen insbesondere auch Pferde die nahrhafte Rinde (Abb 3 und 4). Diese ist im Winter eine willkommene Ergänzung der Nahrung, neben dem Heu, das den Tieren zugefüttert wird. Sind die Bäume fast vollständig „geschält“, wird die Baumkrone immer lichter und der Baum stirbt im Laufe der darauffolgenden Jahre vollständig ab. Er bildet als stehendes Totholz Pilzen und auch vielen totholzbewohnenden Insekten neuen Lebensraum. Diese wiederum sind Nahrung für Vögel, auch für Spechte, wie z. B. dem sehr seltenen Wendehals der am Bischofshub noch vorkommt. Zunächst nur Nahrungsbaum, dient der absterbende Baum einigen Arten als Höhlenbaum für den eigenen Nachwuchs und später vielleicht als Unterschlupf für Fledermäuse oder andere Höhlenbewohner.

Abb. 1: Freistellung von Flächen im Winter 2020/21 / Foto: Schanz
Abb. 1: Freistellung von Flächen im Winter 2020/21 / Foto: Schanz

 

Abb. 2: Ferngesteuerte Mulchraupe / Foto: Schanz
Abb. 2: Ferngesteuerte Mulchraupe / Foto: Schanz
Abb. 3: Geschälte Rinde eines Kirschbaumes / Foto: Schanz
Abb. 3: Geschälte Rinde eines Kirschbaumes / Foto: Schanz
Abb. 4: Freigestellte Fläche mit von Exmoorponys geschältem Kirschbaum / Foto: Schanz
Abb. 4: Freigestellte Fläche mit von Exmoorponys geschältem Kirschbaum / Foto: Schanz

Auch der massive Neuaustrieb der Brombeergebüsche wird durch Pferde und Ziegen als willkommene Nahrung angenommen und zurückgefressen. Auf den offenen Bodenflächen siedeln sich bereits in der darauffolgenden Vegetationsperiode neue licht- und wärmeliebende Arten an, wie z. B. unter den Heuschrecken die Blauflügelige Ödlandschrecke (Abb. 5). Sie liebt die fast vegetationslosen Böden und benötigt diese besonders auch für ihre Eiablage. Auf eine gezielte Wiederbegrünung durch Ansaat der Flächen wird daher im Sinne einer natürlichen Besiedlung bewusst verzichtet. Zum einen besteht in Böden ein großes Samenpotential und die Weidetiere tragen außerdem über ihre Hufe den Dung und über ihr Fell den Samen neuer Arten in die Flächen ein. So siedeln sich Arten an, die an den Standort angepasst sind.

Abb. 5: Blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens) - eine besondere Art der vegetationsarmen offenen Böden / Foto: Schanz
Abb. 5: Blauflügelige Ödlandschrecke (Oedipoda caerulescens) – eine besondere Art der vegetationsarmen offenen Böden / Foto: Schanz

Neben dem Samenpotential ist der Dung der Weidetiere auch eine weitere wichtige Lebensgrundlage für dungbesiedelnde Algen, Pilze und Flechten sowie auch zahlreichen Arten von Dungfliegen und -käfern und vielen weitere Arten. Fledermäuse fressen z. B. die großen Mistkäfer. Auch Spitzmäuse oder die in den alten Weinbergsmauern (s. Abb. 6) lebenden Mauereidechsen und Schlingnattern, die von den dungbewohnenden Tieren leben, sind wiederum Nahrung für Vögel oder größere Säugetiere, wie der hier vorkommenden Wildkatze. So wird durch Freistellung und Beweidung eine ganze Nahrungspyramide angestoßen, die vielen, zum Teil sehr seltenen Pflanzen und Tieren wieder Lebensraum schafft und ihnen so hilft zu überleben.

Abb. 6: Freigestellte Weinbergsmauern als sonnenexponierter Lebensraum für Mauereidechsen und Schlingnattern / Foto: Schanz
Abb. 6: Freigestellte Weinbergsmauern als sonnenexponierter Lebensraum für Mauereidechsen und Schlingnattern / Foto: Schanz

Die Halboffene Weidelandschaft Bischofshub bei Oberdiebach hat sich mittlerweile auch als ergiebiges Forschungsgebiet für die benachbarten Hochschulen in Bingen und Geisenheim etabliert. Studenten dieser, aber auch anderer Hochschulen finden hier spannende Themen für ihre Forschungsarbeiten.

Weitere Informationen finden Sie auch auf facebook.de unter @WeidelandschaftOberdiebach